EU-Strategie: Abhängigkeit von Rohstoffproduzierenden Ländern verringern
Die intensivere Nutzung von Recyclingmaterialien würde auch die Abhängigkeit Europas von den Ländern verringern, in denen die Rohstoffe lagern oder raffiniert werden. Zurzeit produziert die EU nur drei Prozent der Rohstoffe, die sie verbraucht, selbst. Für viele Rohstoffe sind europäische Unternehmen von einzelnen Beschaffungsländern abhängig: Bei Seltenen Erden etwa stammen fast 100 Prozent der Importe aus China, bei Magnesium sind es knapp 90 Prozent. Kobalt kommt zu rund zwei Dritteln aus dem Kongo, trotz Kritik an der Menschenrechtssituation in dem zentralafrikanischen Land. Lithium wird überwiegend aus Lateinamerika geliefert – doch aufgrund der Umweltschäden setzen sich immer mehr Einwohner:innen gegen bestehende und geplante Anlagen zur Wehr.
Für Seltene Erden, Kobalt und Lithium ist Recycling noch keine echte Option. Für den Batterierohstoff Kobalt wählen daher immer mehr Abnehmer – etwa die Automobilhersteller – individuelle Lösungen, indem sie Verträge direkt mit Minenbetreibern abschließen, die in ESG-konform produzierenden Ländern wie Australien oder Kanada agieren. Lithium wiederum ist eigentlich kein seltener Rohstoff. Zurzeit gibt es in vielen europäischen Ländern Pilot- und Forschungsprojekte, um die Vorkommen zu erschließen. Allerdings hat sich überall – von Portugal über Finnland bis Serbien – lokaler Protest formiert.
Politik und Betreibergesellschaften müssen also noch Vertrauen aufbauen und Überzeugungsarbeit leisten, bevor das erste Lithium aus europäischem Boden gewonnen wird. Die Vorteile liegen auf der Hand: In Europa lässt sich leichter kontrollieren, ob Unternehmen Arbeits- und Umweltschutzgesetze einhalten, zusätzliche Auflagen könnten Umweltrisiken weiter eindämmen und nicht zuletzt sind die Transportwege deutlich kürzer. Europa könnte damit Modelle für nachhaltigen Bergbau schaffen. Die Expertise ist da, schließlich blickt der Kontinent auf eine jahrhundertelange Bergbautradition zurück, und auch Umweltschutz spielt in der EU schon lange eine Rolle. Allerdings ist zweifelhaft, ob es hier kurzfristige Erfolge gibt: Wo selbst ein Windrad schnell zum Politikum wird, brauchen Unternehmen Transparenz, gute Argumente und einen langen Atem, um Projekte umzusetzen.