Viele Händler und Hersteller halten Gesetz für umsetzbar
Wie schätzen Handels- und Konsumgüterunternehmen die Herausforderungen durch die EU-Lieferkettenrichtlinie ein? Eine Studie der Beratung Inverto zeigt, dass viele das Gesetz als Chance sehen. Gleichzeitig sind sie mit Blick auf die konkrete Umsetzung skeptisch.
Viele Unternehmen aus Handel und Industrie sind der Meinung, dass die beschlossene EU-Lieferkettenrichtlinie umsetzbar ist. Das geht aus einer Studie der Beratungsgesellschaft Inverto hervor, die eine auf Einkauf und Lieferkettenmanagement spezialisierte Tochter der Boston Consulting Group ist. Sie hat dafür 680 Entscheider aus Deutschland befragt, von denen 117 in der Konsumgüterindustrie und im Handel tätig sind.
Mehr als drei Viertel der Befragten (77 Prozent) gaben an, dass die „Corporate Sustainability Due Diligence Directive“ (CSDDD) umsetzbar ist. 74 Prozent sehen das Gesetz sogar als Chance, um Menschenrechte und Umweltschutz mit der Ökonomie in Einklang zu bringen. Allerdings hält gut ein Viertel (26 Prozent) die Richtlinie hauptsächlich für ein Risiko. Dieser Wert liegt über dem Durchschnitt der anderen Industrien, so Inverto.
Gleichzeitig sind die befragten Konsumgüterunternehmen eher auf die mit der Richtlinie einhergehenden Pflichten vorbereitet als Unternehmen anderer Branchen. Die meisten Unternehmen haben bereits Maßnahmen ergriffen, um die Richtlinien einzuhalten. „In der Konsumgüterindustrie liegt dieser Anteil sieben Prozent über dem Durchschnitt.“ Dabei geht es vor allem um die Entwicklung eines jährlichen Finanzberichts, der auch nicht-finanzielle Werte abbildet, die Optimierung von Prozessen zur Identifikation von CSR-Risiken (73 Prozent) und die Einführung gesetzeskonformer Auswahl- und Steuerungskriterien im Lieferantenmanagement (72 Prozent).
Investitionen, die sich lohnen könnten
Ebenfalls rechnen rund drei von vier befragten Unternehmen (73 Prozent) damit, dass die Umsetzung der Lieferkettenrichtlinie Kosten mit sich bringt. Die meisten erwarten laut Inverto jedoch geringe oder moderate Zusatzausgaben. 68 Prozent glauben, dass sich die Investitionen finanziell lohnen könnten – inwiefern genau, lassen die Berater allerdings offen. Daneben rechnen viele Unternehmen auch mit positiven Auswirkungen auf ihr Image (63 Prozent) sowie die Zusammenarbeit mit Lieferanten (57 Prozent) und Wettbewerbsvorteilen (56 Prozent).
46 Prozent der befragten Unternehmen in Deutschland und Frankreich gaben an, dass sie bereits vollständig die jeweiligen nationalen Lieferkettengesetze umgesetzt haben. Gut ein Drittel (36 Prozent) halte sich an die strengeren Vorschriften der EU-Richtlinie, heißt es.
Die Hälfte wünscht sich bessere Schulungen
Mit Blick auf die konkrete Umsetzung der EU-Vorschriften seien viele Befragte jedoch skeptisch, teilt Inverto mit. Vor allem sehen die Unternehmen ein mangelndes Verständnis der Vorschriften (30 Prozent) und eine unzureichende Transparenz der Lieferkette (26 Prozent) als Probleme. Jedes zweite Unternehmen wünscht sich daher bessere Schulungen für die Beschäftigten, die die Richtlinie unmittelbar umsetzen müssen – 13 Prozent mehr als in anderen Branchen.
Insgesamt seien Unternehmen der Konsumgüterindustrie durch strenge gesetzliche Anforderungen und eine wachsende Verbrauchernachfrage nach Transparenz in Bezug auf ESG-Initiativen „weiter fortgeschritten als Unternehmen in anderen Branchen“, heißt es. Das gelte besonders für die Lebensmittelindustrie und die Modebranche.
Die CSDDD soll dafür sorgen, dass die Geschäftstätigkeit von Unternehmen keine negativen Auswirkungen auf Menschenrechte und Umwelt entlang der Wertschöpfungskette hat. Sie gilt für EU- und Nicht-EU-Unternehmen mit mehr als 1000 Beschäftigten und einem Umsatz von mehr als 450 Mio. Euro und tritt an diesem Freitag (26. Juli) in Kraft. Die EU-Mitgliedstaaten haben dann zwei Jahre Zeit, sie in nationales Recht umzusetzen. Je nach Unternehmensgröße sind unterschiedliche Starttermine geplant.
Quelle: TextilWirtschaft vom 26.07.2024
Autoren: Redaktion LZ
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