Das Zitat, dass eine Reise von Tausend Meilen mit dem ersten Schritt beginnt, wird dem antiken chinesischen Philosophen Laotse zugesprochen. Was Laotse sicher wusste: Das Gleiche gilt für den Rückweg. Wie dieser aussehen könnte, fragen sich heute viele Unternehmen, die angesichts von Lieferkettenproblemen und wachsenden geopolitischen Spannungen über Re- oder Nearshoring nachdenken.
Gern analysieren wir mit Ihnen, ob und für welche Vorprodukte regionale Produzenten zur Verfügung stehen und eine Rückverlagerung eine sinnvolle Option ist. Wir überprüfen Ihr Lieferantennetzwerk auch im Hinblick auf eine Diversifizierung und resilientere Gestaltung der Supply Chain. Oft ist ein intelligenter Mix die richtige Lösung, um Verfügbarkeiten, Kosten und Liefersicherheit optimal auf Ihre Bedürfnisse zuzuschneiden.
Die fünf Schritte des Nearshoring-Prozesses
Die Rückverlagerung von Produktionsschritten aus Übersee bzw. die Auswahl von regionalen Lieferanten sollte gut durchdacht und in der langfristigen Unternehmensstrategie verankert sein. Im Wesentlichen besteht der Nearshoring-Prozess aus fünf Schritten.
Diversifikation der Lieferketten ist das Gebot der Stunde. Angesichts von Pandemie, zunehmendem Klimawandel, politischen Spannungen und Krieg ist deutlich geworden, dass es riskant ist, Vorprodukte nur bei einem einzigen Anbieter oder in einer Weltregion zu ordern. Wenn Unternehmen im Zuge dessen ihr Liefernetz ohnehin breiter aufstellen, kann es sinnvoll sein, regionale Lieferanten einzubeziehen.
Für welche Vorprodukte Re- oder Nearshoring eine realistische Option ist, sollte zunächst mit Hilfe einer Risikoanalyse überprüft werden. Um alle Risiken zu identifizieren, ist eine strukturierte Untersuchung des bestehenden Lieferantenportfolios notwendig. Wo drohen Risiken, wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit des Eintritts?
Mehr über die strukturierte Risikoanalyse finden Sie hier.
Bei der Entscheidungsfindung sollten Sie sich vor Augen halten, dass nicht von null auf 100 Prozent umsteigen müssen. Ein schrittweises Vorgehen und der Start mit den Produkten, die relativ leicht und zu vergleichbaren Kosten regional beschafft werden können, sind in jedem Fall sinnvoll.
Mit Hilfe einer TCO (Total Cost of Ownership) Betrachtung lässt sich herausfinden, welche Lösungsoptionen Sie für die identifizierten Risiken haben. Hier werden nicht nur Qualität, Stück- und Transportkosten betrachtet, sondern auch Lead Times, Mindestbestellmengen oder Nachhaltigkeitsaspekte. In dieser ganzheitlichen Analyse zeigt sich häufig, dass die gesamten Kosten zwischen Off- und Nearshore-Produktion gar nicht so weit auseinander liegen wie vermutet. Starten sollten Sie in der Regel mit ihren erfolgreichsten Produkten, da etwaige Ausfälle hier die gravierendsten Verluste nach sich ziehen. In jedem Fall benötigen Sie eine dezidierte qualitative und quantitative Bewertung der verschiedenen Handlungsalternativen.
Betrachten Sie bei der Analyse neuer Lieferantenmärkte nicht nur die klassischen Optionen Osteuropa oder Türkei, sondern prüfen Sie auch weniger bekannte Märkte. Je nach Produkt gibt es sehr professionell aufgestellte weitere Regionen, in denen sie die Qualifikation neuer Lieferanten lohnt.
Die höheren Kosten, die in der Regel dennoch nach der TCO-Analyse bleiben, lassen sich auch als Risikoprämie bewerten: Nearshoring ist nicht vorrangig ein Kostenthema, sondern eine Option, um die Lieferkette resilienter zu gestalten.
Die finale Entscheidung müssen Sie stets im Einklang mit der Gesamtstrategie der Supply Chain, des Einkaufs und des Gesamtunternehmens treffen.
Berücksichtigen Sie bei der Diversifizierung Ihres Lieferantenpools auch deren vorgelagerte Lieferketten. Unterschiedliche Anbieter in verschiedenen Weltregionen steigern auf den ersten Blick die Versorgungssicherheit. Jedoch entpuppt sich diese als Illusion, wenn sich bei einem Risikoeintritt herausstellt, dass alle Lieferanten unverzichtbare Rohstoffe oder Materialien in der gleichen Weltregion beziehen – die Tatsache, dass aktuell über 60 Prozent aller weltweit gefertigten Halbleiter aus Taiwan stammen, bietet hierfür das beste Beispiel.
Festzuhalten bleibt allerdings, dass eine komplette Diversifizierung mit unterschiedlichen Lieferketten nicht immer möglich ist. Ein Mix aus regionalen und Offshore-Lieferanten ist daher für viele Unternehmen die sinnvollste Lösung. Der optimale Mix für Ihre Supply Chain sollte die höchste Priorität haben.
Es gibt Beschaffungsmärkte, für die es aktuell keine regionalen Lieferanten gibt. In diesem Fall kann es sinnvoll sein, durch Kooperationen ein solches Angebot zu schaffen – etwa so, wie es derzeit die Autoindustrie für die Batteriezellfertigung plant. Drei Wege bieten sich hier an:
- Kooperieren Sie mit einem regionalen Lieferanten, um die benötigten Kompetenzen und Anlagen aufzubauen
- Überzeugen Sie einen Offshore-Lieferanten, mit dem Sie eng zusammenarbeiten, eine Produktion in Europa aufzubauen
- Bauen Sie eine eigene Produktion auf.
Beispiele gibt es bereits für alle Lösungswege, zur Entscheidungsfindung unterstützen wir Sie gern mit einer Make-or-Buy-Analyse.
Sind die ersten Ergebnisse der neuen Partnerschaften erfolgreich, gilt es die neuen Lieferanten fest in das eigene Netz zu integrieren und die Zusammenarbeit durch kontinuierliches Lieferantenmanagement zu vertiefen. Definieren Sie einen präzisen Plan und Steuerungsinstrumente, damit während des Umstellungsprozesses die Sicherheit der Lieferketten nicht gefährdet wird.
Zur Vertiefung gehört auch, über weitere Schritte der Diversifizierung und Re-Regionalisierung nachzudenken. Mit der Analyse für weitere Warengruppen starten Sie den Prozess erneut.
Unsere Expertinnen und Experten haben ein Programm entwickelt, mit denen sich Nearshoring-Optionen fundiert herausarbeiten lassen. Sprechen Sie uns an!